Schulden

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  • Aus dem Leben eines Juristen (KW30)

    Diesen Dienstag Ortszeit wird es wohl soweit sein: Der größten und bedeutensten Volkswirtschaft der Welt geht das Geld aus. Wenn sich Demokraten und Republikaner bis dahin nicht auf eine Erhöhung der US-Schuldengrenze geeinigt haben, geht im Land der unbegrenzten Möglichkeiten das Licht aus. Oder etwa nicht?

    Eigentlich ist es bereits Routine: 74 Mal hat der US-Kongress in den vergangenen 49 Jahren einer Erhöhung der Schuldengrenze zugestimmt, doch dieses Mal ist alles anders. Die Tea Party-Bewegung – ultra-konservativ und immer für einen Skandal gut – blockiert in Senat und Repräsentantenhaus eine Einigung. Ihnen würde ein Bankrott durchaus in die Karten spielen. Kürzung der Sozialleistungen, Beamtenentlassungen, nur noch die aller nötigsten Staatsausausgaben – das alles sind sowohl ihre Ziele als auch die Folgen einer Zahlungsunfähigkeit.

    Schreckensszenario
    Doch was passiert wirklich, wenn die USA am Dienstag zahlungsunfähig werden sollte?
    Zu allererst dürften zahlreiche Ratingagenturen den USA ihr Top-Rating von AAA entziehen. Es wäre das erste Mal in der Geschichte, dass die USA das Top-Rating abgeben müsste. Es würde ein „Zahlungsunfähig“-Ranking drohen. Damit wären US-Anleihen schlechter bewertet als die griechischen oder irischen Papiere. Außerdem würden sämtliche Kreditnehmer, die ihre Kredite mit US-Anleihen – bis vor Kurzem die sicherste Anleihe der Welt – beliehen haben, ihre Kreditwürdigkeit verlieren und wären dazu gezwungen ihre Schulden sofort zu begleichen. Eine Masseninsolvenz würde beginnen. Mit nicht absehbaren Folgen für die Weltwirtschaft.

    Bürgerkrieg
    Die bisher genannten Auswirkungen sind fast ausschließlich global spürbar, doch was passiert in den USA selber? Zunächst einmal würden sämtliche Renten, Pensionen, Beamtengehälter und Rechnungen an den Staat, beispielsweise von Bauunternehmen, nicht mehr beglichen werden. Dies würde bald zu Demonstrationen und Ausschreitungen führen. Durch die nicht mehr bezahlten Beamtengehälter würde kaum noch ein Polizist oder Richter arbeiten, das Rechtssystem würde zusammenbrechen und die öffentliche Ordnung und Sicherheit könnte nicht mehr sichergestellt werden. Und auch die Politik würde ihr – momentan eh kaum vorhandenes – Arbeitspensum herunterfahren, denn wer soll sie dafür bezahlen?
    Die Mieten würden in die Höhe schießen, die Leute würden obdachlos werden. Ein so extremer Abfall des Lebensstandards kann nur eins zur Folge haben: Bürgerkrieg.

    Langfristiger Vertrauensverlust

    Und das waren nur die kurz- bis mittelfristigen Folgen. Bereits dann, wenn die Zahlungsunfähigkeit nur einige Tage oder Wochen dauert, können bereits viel weitreichendere Folgen eintreten. Das Vertrauen in die US-Wirtschaft und die Liquidität des Staates wären auf lange Zeit erloschen. Selbst wenn dann eine Einigung stattfinden würde, würde die US-Regierung nur zu deutlich verteuerten Konditionen neue Kredite aufnehmen können. Bereits eine Herabstufung von AAA auf AA könnte die USA bis zu 100 Milliarden zusätzlicher Zinskosten kosten. Außerdem würde das eh schon schwache Wirtschaftswachstum von nur noch 1,3% weiter einbrechen und die Wirtschaft dürfe wie in der Finanzkriese wieder schrumpfen. Das wiederum würde die sozialen Probleme weiter verstärken, ein Teufelskreis.

    Demontage

    Und wieso schaffte es die Politik der größten Volkswirtschaft der Welt nicht, dieses Problem aus der Welt zu schaffen? Eine Einigung wäre längst möglich gewesen. John Boehner, Republikaner und Präsident des Repräsentantenhauses, wäre mit einer Zwischenlösung zufrieden und wäre auch bereit, Zugeständnisse an Obama und die Demokraten zu machen. Doch die ultrakonservative Tea Party-Bewegung scheint mittlerweile über eine Mehrheit im Repräsentantenhaus zu verfügen. Ihr Ziel: Die Blockade und Demontage von Präsident Barack Hussein Obama. Koste es, was es wolle.

    Schuss ins Bein?
    Wie bereits gesagt, wären die ersten Folgen einer Staatspleite eine Umsetzung der Ziele der Tea Party. Doch wie würden Mitstreiter und Befürworter darauf reagieren, wenn Amerika in Anarchie versinken würde? Wie würde das Volk hier eine Dagegen-Politik bewerten? Darf man wirklich um jeden Preis gegen etwas sein, nicht der Sache wegen sondern rein aus Prinzip?
    Außerdem hat die Bewegung hier ihren Plan ohne den Präsidenten gemacht. Denn laut Notstandsregelung im Verfassungszusatz kann Obama das tun, was er für nötig hält: Die Schuldengrenze eigenmächtig anheben. Er kann den Kongress umgehen und damit Fakten schaffen, ein Exempel statuieren, sich nicht länger auf der Nase herumtanzen lassen und sein Land retten.
    Zwar ist zweifelhaft, ob dieser Schritt juristisch einwandfrei wäre, aber das hätte später ein Gericht zu entscheiden. Obama hätte damit Stärke bewiesen, er könnte damit zeigen, dass er ein Mann der Taten ist. Irgendwann müsste dann eine Jury darüber entscheiden, ob sein Handeln korrekt und verfassungsmäßig war. Jedoch müsste er sich davor nicht fürchten, denn die Amerikaner lieben nichts mehr, als einen starken Mann an der Spitze ihrer stolzen Nation. Und was gibt es unpatriotischeres, entwürdigenderes und schlimmeres für ein so nationalstolzes Land als ein Staatsbankrott?

    Wusstet ihr…
    …im alten Sparte Männer über 30 nicht mehr an den damals populären Nacktpartys teilnehmen durften?
    …dass man, wenn man in Großbritannien eine Münze verunstaltet, theoretisch als Verräter hingerichtet werden kann?
    …in Italien ist es verboten, als Scharlatan zu arbeiten und damit sein Geld zu verdienen

    Das wars für heute. Euch allen einen schönen Rest-Sonntag, eine gute Woche und bis zum nächsten Beitrag aus dem Leben eines Juristen.
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