Wir lieben das Ungewöhnliche. Doch ohne gewöhnliche Standards könnten wir es wohl kaum würdigen. Ohne Din und Iso wäre unser Leben voll holpriger Treppen, schief gewickelter Garnrollen und Papier, das nicht in den Umschlag passt.
Treppe oder Aufzug? Din 18065 oder Din EN 81-70? Tee, zubereitet nach Iso 3103, oder lieber schon ein Bier, wahlweise aus der 0,33 Literflasche nach Din 6199 oder gleich ein halber Liter nach Din 6198?
Jeder Tag ist ein Nummerncode, und wer sich richtig gut auskennt in Sachen Din und Iso, könnte daraus sehr genau ablesen, wie wir uns durch den Tag gehangelt haben. Ob morgens ein Wecker nach Din 8325-2 geschellt hat, genormt gemäß dem Standard für Quartz-Großuhren. Ob dieser über Leuchtzeiger mit den nach der Din-8318-Norm gefertigten radioaktiven Leuchtfarben verfügt. Und tatsächlich, es gibt auch eine internationale Norm für die korrekte Zubereitung von Tee. Sie schreibt die Schälchengröße vor, weiches Wasser und ein Verhältnis von zwei Gramm Tee auf 100 Milliliter Wasser.
Wer bei Din nur an ein weißes Blatt Papier denkt, ist schief gewickelt. So schief wie das Garn, das nicht gemäß Iso 2 für Textilien gewickelt ist. Seit 1917 regelt der Normenausschuss der Deutschen Industrie die Standards in Deutschland. Wo ähnliche Gegenstände von verschiedenen Personen verwendet werden, müssen Einigungen her. Diese Grunderkenntnis hob hierzulande erstmals der Verband der Elektrotechnik (VDE) in den offiziellen Stand: Die Vorschrift über Kabelschuhe und Klemmschrauben war 1896 die erste deutsche Norm, zehn Jahre später gab der VDE das erste Normalien-Buch heraus.
Die Elektrotechniker waren Vorreiter in Sachen Standards, die heute unseren Alltag von vorn bis hinten bestimmen. «Dass wir die Tankpistole in ein japanisches Auto stecken können, ist schon etwas Besonderes. Schalldruckbegrenzungen bei MP-3-Playern wirken Hörschäden entgegen, Iso- und Din-Standards begrenzen die Abstrahlung von Handys und garantieren die sichere Nutzung von Computern und allen Haushaltsgeräten», zählt Bernd Schwarzzenberger von der Deutschen Kommission für Elektrotechnik auf, die sich um die Erarbeitung von Normen kümmert. «Und das Din-A-4-Blatt passt auch nicht umsonst in die C-Umschläge», fügt er hinzu. Denn die C-Reihe dient laut Norm der Unterbringung von Papiererzeugnissen der A-Reihe.
Das Deutsche Institut für Normung e.V., kurz Din, ist aus dem Normenausschuss der Deutschen Industrie hervorgegangen. Seit 1951 ist Deutschland auch Mitglied der Internationalen Organisation für Normung, kurz Iso, und der IEC, die weltweit um die Standards in der Elektrotechnik bestimmt. Vom 14. bis 26. Oktober 1946 beschlossen 25 nationale Normungsorganisationen die gemeinsame Vorgabe von Standards und nannten dies Iso, nicht nur nach der englischen Bezeichnung «International Organization for Standardization», sondern auch nach dem griechischen «iso»: gleich. Deshalb gilt der 14. Oktober als Tag des Standards. Heute sind über 150 Ländern Mitglieder. Viele Din-Normen heißen jetzt Iso, das Blatt Papier statt Din 476 Iso 216.
Normen fürs Bruttoinlandsprodukt
Doch auch die nationalen Organisationen arbeiten weiter, wenn auch, wie im Fall der Din, zu fast 90 Prozent an internationalen Normen. Genormt ist selbst die Norm an sich. In der Din EN 45020 ist festgelegt, dass es sich dabei um ein «Dokument, das mit Konsens erstellt (...) und für die allgemeine und wiederkehrende Anwendung Regeln, Leitlinien oder Merkmale (...) festlegt.»
26.000 Experten arbeiten in Deutschland an derartigen Standarts, es existieren 30.000 Normen, vom Abbau von Mineralstoffen bis Zytotoxizität. Und entheben damit den Staat von der Aufgabe, Regeln für alles Mögliche aufzustellen. 1975 schloss die Bundesrepublik mit der Din offiziell einen Normenvertrag, in dem der Verein diese Kompetenz übernahm. Ein Selbstverwaltungsmechanismus der Wirtschaft, der funktioniert. Rund ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes werde dank des Abbaus technischer Handelshindernisse erwirtschaftet, beziffert die Din ihre Effizienz. Zwar ist die Befolgung der Normen freiwillig, erhält jedoch durch Verträge auch rechtlichen Charakter.
«Seit 1994 nutzen wir Normen als strategisches Instrument zur Erfüllung der Unternehmensziele», sagt Klaus Kuonath von der Daimler AG. Durch Standards sei eine gleichbleibende Qualität in der Automobilproduktion gewährleistet, und vor allem öffnen sich internationale Märkte. Der betriebswirtschaftliche Nutzen, vor allem für den Export, ist der Grund, warum die Selbstverwaltung so gut funktioniert.
Aber auch unsere Sicherheit haben wir Standards zu verdanken. Nach Iso-Norm gefertigte Airbags oder Kindersitze flößen Vertrauen ein. Eine Norm kann prinzipiell jeder bestellen. Die Din arbeitet auf Anträge hin, solange er die Finanzierung sichert. Dann geht es in die Normwerkstatt, wo sich Fachleute aus Wirtschaft, Prüfungsorganisationen und staatlichen Stellen um einen runden Tisch setzen. Heraus kommen inzwischen zwar nicht mehr so trittfeste Dins wie die 18065, die Laufbreite und Steigung von Treppen festlegt. Aber auch in der Nanotechnologie kann ein ungenormter Schritt schmerzhafte Konsequenzen haben.
(News.de)
Treppe oder Aufzug? Din 18065 oder Din EN 81-70? Tee, zubereitet nach Iso 3103, oder lieber schon ein Bier, wahlweise aus der 0,33 Literflasche nach Din 6199 oder gleich ein halber Liter nach Din 6198?
Jeder Tag ist ein Nummerncode, und wer sich richtig gut auskennt in Sachen Din und Iso, könnte daraus sehr genau ablesen, wie wir uns durch den Tag gehangelt haben. Ob morgens ein Wecker nach Din 8325-2 geschellt hat, genormt gemäß dem Standard für Quartz-Großuhren. Ob dieser über Leuchtzeiger mit den nach der Din-8318-Norm gefertigten radioaktiven Leuchtfarben verfügt. Und tatsächlich, es gibt auch eine internationale Norm für die korrekte Zubereitung von Tee. Sie schreibt die Schälchengröße vor, weiches Wasser und ein Verhältnis von zwei Gramm Tee auf 100 Milliliter Wasser.
Wer bei Din nur an ein weißes Blatt Papier denkt, ist schief gewickelt. So schief wie das Garn, das nicht gemäß Iso 2 für Textilien gewickelt ist. Seit 1917 regelt der Normenausschuss der Deutschen Industrie die Standards in Deutschland. Wo ähnliche Gegenstände von verschiedenen Personen verwendet werden, müssen Einigungen her. Diese Grunderkenntnis hob hierzulande erstmals der Verband der Elektrotechnik (VDE) in den offiziellen Stand: Die Vorschrift über Kabelschuhe und Klemmschrauben war 1896 die erste deutsche Norm, zehn Jahre später gab der VDE das erste Normalien-Buch heraus.
Die Elektrotechniker waren Vorreiter in Sachen Standards, die heute unseren Alltag von vorn bis hinten bestimmen. «Dass wir die Tankpistole in ein japanisches Auto stecken können, ist schon etwas Besonderes. Schalldruckbegrenzungen bei MP-3-Playern wirken Hörschäden entgegen, Iso- und Din-Standards begrenzen die Abstrahlung von Handys und garantieren die sichere Nutzung von Computern und allen Haushaltsgeräten», zählt Bernd Schwarzzenberger von der Deutschen Kommission für Elektrotechnik auf, die sich um die Erarbeitung von Normen kümmert. «Und das Din-A-4-Blatt passt auch nicht umsonst in die C-Umschläge», fügt er hinzu. Denn die C-Reihe dient laut Norm der Unterbringung von Papiererzeugnissen der A-Reihe.
Das Deutsche Institut für Normung e.V., kurz Din, ist aus dem Normenausschuss der Deutschen Industrie hervorgegangen. Seit 1951 ist Deutschland auch Mitglied der Internationalen Organisation für Normung, kurz Iso, und der IEC, die weltweit um die Standards in der Elektrotechnik bestimmt. Vom 14. bis 26. Oktober 1946 beschlossen 25 nationale Normungsorganisationen die gemeinsame Vorgabe von Standards und nannten dies Iso, nicht nur nach der englischen Bezeichnung «International Organization for Standardization», sondern auch nach dem griechischen «iso»: gleich. Deshalb gilt der 14. Oktober als Tag des Standards. Heute sind über 150 Ländern Mitglieder. Viele Din-Normen heißen jetzt Iso, das Blatt Papier statt Din 476 Iso 216.
Normen fürs Bruttoinlandsprodukt
Doch auch die nationalen Organisationen arbeiten weiter, wenn auch, wie im Fall der Din, zu fast 90 Prozent an internationalen Normen. Genormt ist selbst die Norm an sich. In der Din EN 45020 ist festgelegt, dass es sich dabei um ein «Dokument, das mit Konsens erstellt (...) und für die allgemeine und wiederkehrende Anwendung Regeln, Leitlinien oder Merkmale (...) festlegt.»
26.000 Experten arbeiten in Deutschland an derartigen Standarts, es existieren 30.000 Normen, vom Abbau von Mineralstoffen bis Zytotoxizität. Und entheben damit den Staat von der Aufgabe, Regeln für alles Mögliche aufzustellen. 1975 schloss die Bundesrepublik mit der Din offiziell einen Normenvertrag, in dem der Verein diese Kompetenz übernahm. Ein Selbstverwaltungsmechanismus der Wirtschaft, der funktioniert. Rund ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes werde dank des Abbaus technischer Handelshindernisse erwirtschaftet, beziffert die Din ihre Effizienz. Zwar ist die Befolgung der Normen freiwillig, erhält jedoch durch Verträge auch rechtlichen Charakter.
«Seit 1994 nutzen wir Normen als strategisches Instrument zur Erfüllung der Unternehmensziele», sagt Klaus Kuonath von der Daimler AG. Durch Standards sei eine gleichbleibende Qualität in der Automobilproduktion gewährleistet, und vor allem öffnen sich internationale Märkte. Der betriebswirtschaftliche Nutzen, vor allem für den Export, ist der Grund, warum die Selbstverwaltung so gut funktioniert.
Aber auch unsere Sicherheit haben wir Standards zu verdanken. Nach Iso-Norm gefertigte Airbags oder Kindersitze flößen Vertrauen ein. Eine Norm kann prinzipiell jeder bestellen. Die Din arbeitet auf Anträge hin, solange er die Finanzierung sichert. Dann geht es in die Normwerkstatt, wo sich Fachleute aus Wirtschaft, Prüfungsorganisationen und staatlichen Stellen um einen runden Tisch setzen. Heraus kommen inzwischen zwar nicht mehr so trittfeste Dins wie die 18065, die Laufbreite und Steigung von Treppen festlegt. Aber auch in der Nanotechnologie kann ein ungenormter Schritt schmerzhafte Konsequenzen haben.
(News.de)