Die Fronten waren verhärtet, doch nun ein überraschender Kompromiss in der Sicherheitspolitik: Die FDP erringt Teilerfolge bei Vorratsdatenspeicherung und Internetsperren. Die Union darf dafür das Jugendstrafrecht verschärfen.
Nanu, was ist denn da los? Beobachter der schwarz-gelben Koalitionsgespräche reiben sich verwundert die Augen. Während es in der Gesundheits- und Steuerpolitik immer noch kracht, meldet die Arbeitsgruppe für Inneres und Justiz überraschend Vollzug: In allen wichtigen Punkten habe man sich geeinigt, erklären die Unterhändler.
Dabei galt die Sicherheitspolitik als einer der Hauptstreitpunkte zwischen FDP und Union. Die Kontrahenten hatten ihre Claims zu Beginn der Gespräche eindeutig abgesteckt: Die Liberalen wollten zentrale Sicherheitsprojekte der Großen Koalition kippen, verlangten deutliche «Gesetzesentschärfungen». Bei der Union wollte man davon nichts wissen. Die Reformen von CDU-Innenminister Schäuble seien «nicht verhandelbar», hieß es. Die Fronten schienen verhärtet.
Doch nun ein umfassender Kompromiss. Beide Seiten haben sich bewegt, Zugeständnisse gemacht, Teilerfolge errungen. Manches wurde vertagt.
Auf der Haben-Seite der Liberalen stehen vor allem die politisch stark umstrittenen Themen Internetsperren und Vorratsdatenspeicherung. Die Internetzugangssperren zum Kampf gegen Kinderpornografie sollen vorerst nicht kommen. Hier soll das Bundeskriminalamt zunächst versuchen, die einschlägigen Seiten zu löschen anstatt sie zu sperren. Nach einem Jahr wird dann geprüft, wie es weitergeht. Die Vorratsdatenspeicherung wird nach den Koalitionsbeschlüssen so lange ausgesetzt, bis das Bundesverfassungsgericht Klarheit geschaffen hat. Eine Entscheidung aus Karlsruhe wird für das kommende Frühjahr erwartet.
Zwar wird nun keines der beiden Projekte tatsächlich kassiert. Dennoch kann die FDP hier einen kleinen Sieg für sich verbuchen – sah es doch zuvor nicht danach aus, als würde sich die Union bei Internetsperren und Vorratsdatenspeicherung überhaupt bewegen.
Härtere Strafen für jugendliche Täter
Einen Kompromiss gibt es auch beim BKA-Gesetz: Die Online-Durchsuchung privater Computer soll künftig zwar von einem Richter des Bundesgerichtshofs und nicht bloß von einem einfachen Amtsrichter abgesegnet werden – grundsätzlich bleibt die Maßnahme jedoch möglich. Die Befugnis zu Online-Durchsuchungen wird allerdings nicht auf die Geheimdienste ausgedehnt, wie Schäuble es ursprünglich wollte. Ob Berufsgeheimnisträger wie Journalisten und Ärzte künftig besser vor staatlicher Schnüffelei geschützt werden, wie die FDP fordert, soll bloß geprüft werden.
Auf das Punktekonto der Union geht eine Verschärfung des Jugendstrafrechts. Die Höchststrafe für jugendliche Täter soll von zehn auf 15 Jahre erhöht werden. Zudem bekommen Gerichte die Möglichkeit, einen so genannten «Warnschussarrest» zu verhängen, um Straftäter schon früh die Konsequenzen ihrer Gesetzesverstöße spüren zu lassen. Vor dem Hintergrund der jüngsten Gewalttaten Jugendlicher kann die Union die Maßnahmen als Erfolg präsentieren.
Mit der überraschenden Einigung vom Donnerstagabend können beide Seiten ihr Gesicht wahren. Auf dem Feld der Innen- und Justizpolitik mag den Koalitionären manch ein Konflikt jedoch erst noch bevorstehen. Der Preis für den Kompromiss ist, dass wichtige Punkte vage geblieben sind. Auch wenn die Liberalen bei Reizthemen wie der Vorratsdatenspeicherung oder den Internetsperren einen Aufschub erreicht haben, dürften die letzten Worte darüber noch nicht gesprochen sein.
(News.de)
Nanu, was ist denn da los? Beobachter der schwarz-gelben Koalitionsgespräche reiben sich verwundert die Augen. Während es in der Gesundheits- und Steuerpolitik immer noch kracht, meldet die Arbeitsgruppe für Inneres und Justiz überraschend Vollzug: In allen wichtigen Punkten habe man sich geeinigt, erklären die Unterhändler.
Dabei galt die Sicherheitspolitik als einer der Hauptstreitpunkte zwischen FDP und Union. Die Kontrahenten hatten ihre Claims zu Beginn der Gespräche eindeutig abgesteckt: Die Liberalen wollten zentrale Sicherheitsprojekte der Großen Koalition kippen, verlangten deutliche «Gesetzesentschärfungen». Bei der Union wollte man davon nichts wissen. Die Reformen von CDU-Innenminister Schäuble seien «nicht verhandelbar», hieß es. Die Fronten schienen verhärtet.
Doch nun ein umfassender Kompromiss. Beide Seiten haben sich bewegt, Zugeständnisse gemacht, Teilerfolge errungen. Manches wurde vertagt.
Auf der Haben-Seite der Liberalen stehen vor allem die politisch stark umstrittenen Themen Internetsperren und Vorratsdatenspeicherung. Die Internetzugangssperren zum Kampf gegen Kinderpornografie sollen vorerst nicht kommen. Hier soll das Bundeskriminalamt zunächst versuchen, die einschlägigen Seiten zu löschen anstatt sie zu sperren. Nach einem Jahr wird dann geprüft, wie es weitergeht. Die Vorratsdatenspeicherung wird nach den Koalitionsbeschlüssen so lange ausgesetzt, bis das Bundesverfassungsgericht Klarheit geschaffen hat. Eine Entscheidung aus Karlsruhe wird für das kommende Frühjahr erwartet.
Zwar wird nun keines der beiden Projekte tatsächlich kassiert. Dennoch kann die FDP hier einen kleinen Sieg für sich verbuchen – sah es doch zuvor nicht danach aus, als würde sich die Union bei Internetsperren und Vorratsdatenspeicherung überhaupt bewegen.
Härtere Strafen für jugendliche Täter
Einen Kompromiss gibt es auch beim BKA-Gesetz: Die Online-Durchsuchung privater Computer soll künftig zwar von einem Richter des Bundesgerichtshofs und nicht bloß von einem einfachen Amtsrichter abgesegnet werden – grundsätzlich bleibt die Maßnahme jedoch möglich. Die Befugnis zu Online-Durchsuchungen wird allerdings nicht auf die Geheimdienste ausgedehnt, wie Schäuble es ursprünglich wollte. Ob Berufsgeheimnisträger wie Journalisten und Ärzte künftig besser vor staatlicher Schnüffelei geschützt werden, wie die FDP fordert, soll bloß geprüft werden.
Auf das Punktekonto der Union geht eine Verschärfung des Jugendstrafrechts. Die Höchststrafe für jugendliche Täter soll von zehn auf 15 Jahre erhöht werden. Zudem bekommen Gerichte die Möglichkeit, einen so genannten «Warnschussarrest» zu verhängen, um Straftäter schon früh die Konsequenzen ihrer Gesetzesverstöße spüren zu lassen. Vor dem Hintergrund der jüngsten Gewalttaten Jugendlicher kann die Union die Maßnahmen als Erfolg präsentieren.
Mit der überraschenden Einigung vom Donnerstagabend können beide Seiten ihr Gesicht wahren. Auf dem Feld der Innen- und Justizpolitik mag den Koalitionären manch ein Konflikt jedoch erst noch bevorstehen. Der Preis für den Kompromiss ist, dass wichtige Punkte vage geblieben sind. Auch wenn die Liberalen bei Reizthemen wie der Vorratsdatenspeicherung oder den Internetsperren einen Aufschub erreicht haben, dürften die letzten Worte darüber noch nicht gesprochen sein.
(News.de)